Einführung in das IT-Projektmanagement: Phasen und Instrumente

Philipp Hauer. 10.08.2009. ©

Vorwort

Die Arbeit befasst sich mit den Phasen und Instrumenten (Lastenheft, Fachkonzept, Pflichtenheft, DV-Konzept, Strukturplan, Balkenplan und Netzplan) des Projektmanagements, speziell des Software-Projektmanagements.

Phasen eines Softwareprojekts

# Phase Ergebnis
1 Planung Strukturplan, Balkenplan, Netzplan
   1.1     Initialisierung Lastenheft mit Fachkonzept
   1.2     Voranalyse Pflichtenheft
   1.3     Grobkonzipierung  
   1.4     Detailentwurf DV-Konzept
2 Realisierung und Implementierung  
3 Verifikation und Stabilisierung  
4 Installation  
5 Wartung  

Schrittweise Verfeinerung in Planungsphase (produktbezogen)

Planungsphase. Produktbezogene Verfeinerung während Planung Top-Down-Planung

In der Planungsphase wird sowohl produkt- als auch projektbezogen Top-Down vorgegangen. Zu Beginn werden  die Anforderungen allgemein formuliert und anschließend die dazugehörigen Lösungsansätze ermittelt. Diese werden dann sukzessive verfeinert und detaillierter. Doch nun Schritt für Schritt:

1 Planungsphase

Während der Planungsphase werden nicht nur die produktbezogenen Instrumente (Lastenheft, Pflichtenheft, DV-Konzept) erstellt und schrittweise verfeinert, sondern auch die projektbezogenen Pläne (Strukturplan, Balkenplan, Netzplan). Diese dienen der Organisation und zeitlichen Abstimmung des Projektsablaufs.

Lastenheft des Kunden & Pflichtenheft des Unternehmens Projektbeginn mit Lastenheft des Kunden und dem Pflichtenheft des Unternehmens

1.1 Initialisierung

In der Regel beginnt ein Projekt mit der Anfrage eines Kunden. Dieser formuliert seine Anforderungen an ein benötigtes Softwareprodukt in einem Lastenheft. Er beschreibt „was und wofür“ eine Software (etwas) leisten muss.

1.1.1 Lastenheft mit Fachkonzept

Aufbau Lastenheft (mit Fachkonzept) Aufbau eines Lastenheft (Fachkonzept)

Die Begriffe Lastenheft und Fachkonzept werden häufig synonym gebraucht, weil sie im Wesentlichen das Gleiche meinen. Aber genau genommen, ist das Fachkonzept ein Bestandteil des Lastenheftes (wenn auch der Hauptbestandteil). Das Lastenheft kann nämlich noch durch formelle Aspekte, die zu einer Ausschreibung nötig sind, angereichert sein. In der Praxis ist ein weiteres Unterscheidungskriterium die Herkunft: Während das Lastenheft klassisch vom Kunden verfasst wird, so werden Fachkonzepte häufig von den Unternehmen selber  geschrieben und vom Kunde lediglich abgesegnet. Im Folgenden seien die beiden Begriff identisch.

Im Lastenheft wird aus Anwendersicht Aussagen über Informationen, Regeln und Funktionalitäten des zukünftigen Produkts gemacht. Diese sollten im Sinne der freien Entfaltung der Lösungskompetenz des Unternehmens so allgemein wie möglich, jedoch nur so einschränkend wie nötig gehalten sein. Knappe Text und Illustrationen (Tabellen, Zeichnungen, Diagramme) sollten für die notwendige Übersichtlichkeit sorgen.

Hauptbestandteil des Lastenhefter sind somit die Funktionalen Anforderungen (Was soll das Produkt können?). Aber auch nichtfunktionale Anforderungen (Benutzbarkeit, Zuverlässigkeit, Effizienz, Änderbarkeit, Übertragbarkeit, Wartbarkeit) können aufgenommen werden.

Inhalt eines Lastenheftes Inhalt eines Lastenheftes (nach [7])

1.2 Voranalyse

Im Zuge der Voranalyse wird die Antwort des Unternehmens auf die Anforderungen des Lastenheftes erstellt: Das Pflichtenheft. Dazu muss jede Forderung analysiert werden und eine oder mehrere Lösungsvorschläge zu dieser im Pflichtenheft dargestellt werden. Das Pflichtenheft beschreibt somit „was und womit“ die Software (etwas) leisten muss.

1.2.1 Begriffsabgrenzung: Pflichtenheft – DV-Konzept

Unterschied zwischen Pflichtenheft und DV-Konzept Unterschied zwischen Pflichtenheft und DV-Konzept

Sowohl Pflichtenheft als auch DV-Konzept (Datenverarbeitungskonzept) enthalten Lösungsansätze der Anforderungen aus dem Lastenheft/Fachkonzept, jedoch unterscheiden sich beide Instrumente signifikant durch das Ausmaß an Detaillierung und Abstraktion, was sich aus der Unterschiedlichkeit der „Zielgruppe“ ergibt.

Das Pflichtheft ist für den Kunden gedacht und eher allgemein formuliert: Welche Technologien, Konzepte, Vorgehensweise werden verwandt („Wir wollen die Anforderung A so und so lösen.“); jedoch nicht so detailliert– alles was für den Kunden relevant ist.

Das DV-Konzept hingegen weißt eine ganz andere Qualität der Lösung hinsichtlich der Konkrektheit auf. Es beleuchtet exakt und implementierungsfähig die technische Seite der Leistung (Algorithmen, Datentypen, Beziehungen etc.) und ist somit für den Programmierer bestimmt. Bestenfalls muss er das Konzept nur „herunter coden“ (daher auch „Programmierer“ und nicht „Entwickler“ ;-) ).

Somit enthält das Pflichtenheft lediglich Teile des DV-Konzepts und ist vielmehr die Grundlage für dieses.

1.2.2 Pflichtenheft

Inhalt eines Pflichtenheftes Inhalt eines Pflichtenheftes (nach [4])

1.3 Grobkonzipierung

Ist das Pflichtenheft vom Kunden abgesegnet, beginnt die Phase der Grobkonzipierung. Hier werden die Lösungsansätze des Pflichtenheftes im Hinblick auf die technischen Anforderungen und Realisierungsmöglichkeiten vertieft. Die Lösungsvorschläge werden konkreter und weniger abstrakt.

1.4 Detailentwurf

Die Verfeinerung wird weiter fortgesetzt. Es werden die relevanten Daten und deren Verarbeitung beschrieben, sowie die Besonderheiten der gewählten Programmiersprache/Datenbank berücksichtigt. Die gewonnenen Erkenntnisse werden im DV-Konzept (Datenverarbeitungskonzept) niedergeschrieben, welches die konkrete Beschreibung der Eingabe- und Ausgabedaten,  der Verarbeitungsalgortihmen, sowie eine Übersicht auf das Datenmodell (UML, ERM) beinhaltet.

Die Lösungsansätze sind nun vollends entwickelt und implementierungsfähig und können dem Programmierer zur Umsetzung vorgelegt werden.

Inhalt eines DV-Konzepts 1 Inhalt eines DV-Konzepts: Arbeitsweise

Inhalt eines DV-Konzepts 2 Inhalt eines DV-Konzepts: Übersicht über das Datenmodell (hier UML)

1.5 Projektpläne

Parallel zu den obigen Phasen werden die projektbezogenen Pläne erstellt. Sie dienen der Organisation sowie dem Zeit- und Ressourcenmanagement des Projekts. Weiterhin sind sie ein unersetzbares Werkzeug zur Fortschrittkontrolle während der Durchführung (Plan-Ist-Vergleiche).

1.5.1 Strukturplan

Strukturplan/Projektstrukturplan Strukturplan

Im Strukturplan (auch Projektstrukturplan) wird das Projekt immer weiter Teil- und Unteraufgaben zerlegt, bis nur Arbeitspakete, kleine überschaubare und kontrollierbare Arbeitseinheiten, übrig bleiben

1.5.2 Balkenplan

Balkenplan Balkenplan

Beim Balkenplan kommt nun die zeitliche Dimension dazu. Es wird für jede Teilaufgaben (oder gar für jedes Arbeitspaket)  ein Zeitplan (beispielsweise mit Beginn- und Endtag) erstellt. In der Praxis ist es sinnvoll einen Puffer für jede Teilaufgabe einzuplanen.

1.5.3 Netzplan

Netzplan Netzplan (nach [3])

Der Netzplan stellt die Weiterentwicklung des Balkenplans dar und ist ein beliebtes Instrument zur Erfassung von zeitlichen Arbeitsabläufen, sowie deren kausalen Abhängigkeiten untereinander.

1.5.4 Schrittweise Verfeinerung in Planungsphase (projektbezogen)

Weg der Feinplanung in der Planungsphase (projektbezogen) Weg der Feinplanung in der Planungsphase (projektbezogen) (nach [3])

Auf dem Weg zum Netzplan kommt man sukzessive über Strukturplan und Balkenplan: Erst wird im Balkenplan die grobe Ablaufplanung der Teilaufgaben aus dem Strukturplan vorgenommen, anschließend die Feinablaufplanung (ggf. jedes einzelnen Arbeitspaketes) im Netzplan.

2 Realisierung und Implementierung

In der Realisierungs- und Implementierungsphase wird das DV-Konzept gemäß dem Netzplan umgesetzt. Die Projektdurchführung wird vollzogen. Am Ende der Phase (erste Iteration), entsteht ein lauffähiges, wenn auch fehlerbehaftetes Programm.

Zyklus der Realisierung und Implementierung Zyklus der Realisierung und Implementierung

Während der gesamten Durchführung ist in regelmäßigen Abständen (mindestens bei Erreichen von Meilensteinen) zum einen eine Überprüfung des Entwicklungsergebnisses auf DV-Konzeptkonformität durchzuführen, zum anderen Rücksprachen mit dem Kunden zuführen. Dies stellt sicher, dass man sich bei der Entwicklung nicht „verrennt“ und der Kunde über den Stand der Dinge informiert ist.

3 Verifikation und Stabilisierung

Anschließend beginnt die Testphase. Während in der vorherigen Phase die inhaltliche Seite geprüft wurde, wird nun die funktionale Seite betrachtet. Stellt man bei den Tests auf Funktionalität, Stressverhalten und Fehlbedienung Fehler fest, so muss zurück in die Realisierungsphase gegangen werden bis dieser beseitigt ist. Dieser Zyklus setzt sich fort bis man keine Fehler mehr feststellen kann und das Programm somit (hoffentlich) fehlerfrei ist.

Testzyklus (Entwicklung-Test-Kreislauf) Testzyklus (Entwicklung-Test-Kreislauf)

4 Installation

Die fertige Software wird beim Anwender installiert und konfiguriert. Gegebenenfalls sind Schulungen beim Kunden notwendig.

5 Wartung

In der Wartungsphase wird der Betrieb der Software betreut. Es kristallisieren sich Software- und typische Anwenderfehler heraus, denen entsprechend gegengesteuert werden muss, sodass weitere Änderungen am System oder Hardware durchzuführen sind.

6 Quellen

  1. Prof. Dr. Hans-Dieter Litke/Dr. Ilonka Kunow: „Projektmanagement“.  Rudolf Haufe Verlag. 3. Auflage 2002.
  2. Prof. Dr. Heinz Schelle: „Projekte zum Erfolg führen. Projektmanagement systematisch und kompakt“. Deutscher Taschenbuch Verlag. 3. Auflage 2001.
  3. Dr. Georg Kraus/Reinhold Westermann: „Projekt Management mit System. Organisation, Methoden, Steuerung“. Gabler Verlag. 3. Auflage 1998.
  4. Dr. Michael Bösel: „Betriebliche Standardsoftware. Software-Einführung“.  Vorlesungsunterlagen zur Fachhochschule für Wirtschaft Berlin.
  5. Wikipedia: „Fachkonzept“. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Fachkonzept [Stand: 05.08.09]
  6. Wikipedia: „DV-Konzept“. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/DV-Konzept [Stand: 05.08.09]
  7. Wikipedia: „Lastenheft“. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Lastenheft [Stand: 05.08.09]
  8. Wikipedia: „Pflichtenheft“. URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Pflichtenheft [Stand: 05.08.09]